Entstehung

des Familiengartenareals "Winikerwiesen" in Uster


Aufzeichnungen ab 1900 von Sigi Wigger, Präsident 1948 - 1977


Durch das Zurückgehen des Linthgletschers vor tausenden von Jahren ist unsere Gegend geformt worden. Das Gebiet um Uster hat der gewaltige Gletscher hierher verfrachtet. Un­ser Gartenareal ist eine typische Folge davon. Damals bildeten sich Ablagerungen von Kies und Sand. In nächster Nähe im Wald ist noch eine Sand­grube, die früher bedeutend grös­ser war, aber durch Ausbeutung, auch durch Gärt­ner, abgetragen wurde. 

In der weiten Fläche zwischen Winikerhard und dem Buchholz liegt ein riesiges Grundwas­serbecken, das bis 3-4 m an die Erdoberfläche reicht. Das Gartenareal selber liegt in einer Senke, nur 1-2 m über dem Wasserspiegel. Im Westen, gegen das Werrikerried durch eine Moränensperre abgeriegelt, bildete sich früher sogar ein Sumpfgebiet mit Niedrigwasser. Viele Wasservögel bauten hier ihre Hütten, resp. Nester, fanden ihr Futter und erfreuten sich eines herrlich ruhigen Lebens.  

Wie mag wohl die Landschaft hier noch vor tausend Jahren ausgesehen haben? Wenn man aus neuerer Zeit von Herrn Vögeli, der 1911 den Hof "Guetschüür" ge­kauft hatte, erfährt, dass damals noch Schilf bis an die Winikerstrasse gewachsen war, ist das doch kaum zu glauben. Der erhöhte Flurweg durch unser Areal ist auch eine Folge vom nassen Gelände. Alte Winikerbauern wussten zu berichten, dass noch um 1850 die Bauern Sand holten und am Platz wo jetzt der Materialschopf steht, diesen in einem Gunten Wasser wu­schen. Der Sand war lehmhaltig, darum hatte er die Baderei nötig, um baureif zu werden. In nassen Sommern (gab es schon damals) konnte man nicht mit einem Wagen ins Ried fah­ren, ohne zu versinken. Dieses ergab auch keine Streu. Deshalb führten einige ihre Acker­steine und den Bauschutt ins Ried hinein, um es wenigstens so zu nutzen. Dieser Sumpf, oder wie es richtig heisst; Winikerwiesen, war früher der direkte Was­serlieferant für den nahe gelegenen Weiler Winikon. 1880-1890 wurde die alte Wasserleitung, die noch aus sogenannten Holz­dünkel (das waren ausgebohrte Baumstämme) bestand, er­setzt. Die Wasserfassung ist immer noch zu sehen, im Areal, rechts vom Hauptein­gang, bei dem grossen Ha­selstrauch. 1943 als der Schreibende die 18 Aren Ried von Herrn Schmid über­nahm, war der Wasser­stand noch ziemlich hoch, knapp ei­nen Meter unter der Erd­oberfläche. Heute pumpt die Stadt aus die­sem Gebiet jede Nacht 2'500'000 Liter Wasser in das Reservoir Bütze hinauf. Unser Stück Erde liefert also Gemüse, Blumen und Wasser für einen grossen Teil der Be­völkerung.  

Herr Schmid, Winikon, auch ein alter Bauer, erzählte mir, dass der grosse Brunnen in Wini­kon Tag und Nacht Wasser brachte, das vom Ried kam. 1911 wurden im Mühleholz die er­sten Pumpen eingebaut und als 1922 grössere Pumpen installiert wurden, versiegte der Brunnen in Winikon bei trockenem Wetter und das Wasser musste von nun an von der Ge­meinde bezogen werden. Später schenkte die Stadt Uster ei­nen neuen Brunnen, der eine schmucke Zierde des freundlichen Weilers ist. Noch eine historische, aber in Verges­senheit geratene Strasse liegt unter unseren Gärten. Vorne beim Parkplatz, Richtung Wald­ecke/Scheibenstandanfang war vor vielen hundert Jahren der alte Zürcherweg der Pfäffiker. (Wollten darum die Pfäffiker unbedingt hier den Anschluss an die Autobahn!). Sicher haben den Weg, der in einer kleinen Kartenskizze von 1850 der Ge­meinde Uster eingezeichnet ist, in der französischen Zeit Soldaten der russischen und öster­reichischen Heere benutzt. Von den rückwärtigen Linien, die in unserer Gegend la­gen, war es nicht mehr weit an die Front östlich von Zürich.  

Während des Krieges 1939 - 1945 gab es auch hier Pflanzplätze um die Schweiz durch­halten zu können. In der Linie der besagten Strasse kamen besonders hüb­sche, grosse Steine zum Vorschein. Der alte Zürcherweg war eben beim Volk unbekannt. Erst 1950 wurde bei der Güter­zusammenlegung das uralte Wegerecht abgelöst.  

Westlich von unserem Gartenareal, gegen das Werrikerried liegt die schon er­wähnte Mo­ränensperre, welche den Abfluss von Wasser bei ergiebigem Regenwet­ter ver­hinderte, sodass sich neben dem Sumpf noch ein kleiner See bildete. So erzählt un­ser Initiant des Püntenlandes, Herr Willi Wildermuth, der in Winikon auf­gewachsen ist; das war so um 1900. Als Buben hätten sie Flosse gebaut und sind damit im "Meer" herumgefahren, haben Frösche gefangen und alles Mögliche und Unmögliche getan. Durch die tiefste Senke lief ein Bächlein, so war die Natur damals.  

Im Jahre 1941 - 42 wurde die Melioration durchgeführt, die westliche Moräne durchbrochen und viele Röhren verlegt. Der Sumpf war besiegt, aber es war noch kein Kulturboden ge­wonnen, zum Teil war überhaupt keine Erde da. Die Kultivierung begann mit der Anbau­schlacht, die von Traugott Wahlen während des Krieges geführt wurde. Die Industrie musste mit ihren Belegschaften einige Hektaren Land bebauen. Das war meistens Neuland, auch ich habe viele Stunden mitgearbeitet in dieser Pflanzaktion. In unserem Ried schlug der Versuch leider fehl, trotz schwerem Trak­tor und neuem Pflug. Entweder blieb dieser im Lehm stec­ken oder die Steine warfen ihn wieder hinaus. Auf einem kleinen Stück wurde Hafer angesät, aber nie geerntet. Die Industrie gab auf!  

Im Frühling kamen dann die ersten Siedler (Pünteler), Willi Wildermuth, Karl Giger, Stich und ein Unbekannter. Sie mieteten von Hans Morf, Winikon, das Stück Land privat. Bei einem damaligen Spaziergang durch die Gegend im Juni, stiess ich auf diese Neusiedler beim Ur­barisieren. Ein Jahr vorher musste ich noch im Aus­tausch der Industrie für Hans Morf auf diesem Gelände Roggen mähen, voll von Winden und Chluren, ich ging fast drauf. Nun in­teressierte ich mich gewaltig, um als selb­ständiger Anbauer mitzumachen und Willi Wildermuth zeigte mit Vergnügen die freie Parzelle von Herrn Schmid, Winikon. Ich schloss mit Bauer Schmid einen Ver­trag auf zehn Jahre. Ich erhielt das Land gratis. Das Land war zu urbarisieren, die Steine hinten zu deponieren. Das Stück war auch 18 Aren gross, wie alle anderen. Das war aber für mich allein zuviel. Ernst Kluser war bereit mitzuhelfen und der Kampf mit den Steinen, Ziegeln und weiss nicht was alles ging los. Mit Pickel schu­fen wir an einem Samstagnachmittag 10 - 15 m2. Die Kinder mussten die Steine an die Haufen tragen, genau gleich ging es Giger und Wildermuth. 1 - 2 Aren wur­den voll Schutt, meist Ziegel, dort wuchsen nun mannshohe Nesseln. An diesem beson­deren Ort deponierten wir unsere Werkzeuge, jedesmal, wenn wir ankamen, spran­gen ein bis zwei Rehe daraus und die Werkzeugstiele waren voll von Schnecken, dadurch gab es dann auch weniger Schwielen. Kluser und ich säten zuerst Raps an, um das knappe Oel im Haushalt aufzufül­len. Das war ein erster grosser Erfolg.  

Nun machte die Gemeinde den Winikerbauern den Vorschlag, für das ganze Ried eine Güterzusammenlegung durchzuführen. Die Bauern wurden nicht einig, keiner wollte die krumme Strasse, die heute noch durch das Areal führt, in seinem Stück. Herr Willi Wilder­muth, damals im kleinen Gemeinderat, (heute Stadtrat) war Vize­präsident des Dor­fes Uster.  

Der Präsident selber, Herr Dr. Stadler, hatte als Oberst der Ostschweizer Territorial­truppen dienstlich so viel zu tun, dass der Vize und Sozialdemokrat den Laden schmiss. W. Wilder­muth, ein Freund der Armen, benützte rasch die Unstimmigkeit der Bauern, um das Land durch die Gemeinde aufzukaufen, um endlich Familien­gärten gründen zu können. Die Hälfte vom Areal wurde vor dem Neujahr 1946, der Rest nach diesem Datum erworben. So musste der Kredit nicht vor das Volk, wo er wohl abgelehnt worden wäre, denn der Bo­den wurde den Bauern gut bezahlt. Damit sei auch festgehalten, dass Willi Wildermuth der Va­ter des Gedankens und somit der Pünten ist, nicht wie es in der nächsten Wahlpropa­ganda hiess, es sei der neue bürgerliche Gemeindepräsident. Leider war mein Vertrag, das Land gratis zu nutzen, damit zu Ende.  

Dafür wurden unsere Steine in die neu angelegten Feldwege, nach Ost und West verlau­fend, abgeführt. Das Quantum dieser Naturprodukte kann man daran ermes­sen, dass Hans Morf sogar Rollwagengeleise gelegt hatte, um die Steine in die Wege zu führen. Im gleichen Winter hat er den Hügel von der Eiche beim Material­schopf bis zu den Fahnen­stangen abgetragen und damit das Niemandsland, wo es keine Erde gab, aufgefüllt. Einzig die Land­zunge, die in den Wald hineinreichte, ge­hörte Bauer Spörri in der Halde. Dieser verkaufte nicht, die Gemeinde tauschte es aber gegen das längs des östlichen Areals lie­genden Lan­des.  

Anno 1947 wurde das Püntenland ausgeschrieben. Im gleichen Winter wurde be­reits der Materialschopf und die Wasserleitung erstellt. Wohlverstanden, das war noch kein Verein, der dies veranlasst hätte, das war das Werk von Willi Wildermuth, mit Unterstützung der SP-Gemeinderäte Messikommer Robert und Stark Karl. Der Materialschopf kostete Fr. 10'000.--, die Wasserleitungen zirka Fr. 8'000.-- und das Land kam auf Fr. 35'000.-- bis Fr. 40'000.-- zu stehen. Im März 1947 wurden von der Gemeindebehörde die Pünten eingeteilt, einige davon in etwas grössere Stücke. Kluser und Wigger zum Beispiel erhielten 12 Aren; als aber später die Nachfrage stieg und immer mehr Gärtner kamen, musste man Garten abtreten.