ZUERIOST - Dienstag, 07. März 2017, 16:34 Uhr

Kanalisation sorgt für Stunk im Schrebergarten

Seit Jahren kämpfen Schrebergärtner dafür, dass das WC auf der Püntenanlage Winikerwiesen an die Kanalisation angeschlossen wird. Gemeinderäte setzen sich nun politisch für das Anliegen ein – doch dies gefällt nicht allen im Garten.

(Bild: Christian Merz)

Der grösste Püntenverein Usters verfügt auf seinem Areal nur über eine Toilette. Und diese ist nicht an die Kanalisation angeschlossen

Am Stadtrand von Uster ist es bitterkalt an diesem Nachmittag. Menschen bekommt man auf dem Areal der Püntenanlage Winikerwiesen kaum zu Gesicht. Die wenigen Schrebergärtner vor Ort – man nennt sie auch «Pünteler» – suchen Zuflucht im «Stübli». Dort sind die Decken niedrig und das Licht brennt nur gas- und solarbetrieben. Aber es ist angenehm warm, ein Cheminée sorgt für heimelige Atmosphäre. 

Notdurft versickert im Erdreich

Heimelig könnte es auch auf der mit Holz getäferten Toilette gleich nebenan sein. Wenn, ja wenn die Pünteler nicht die wenig appetitliche Gewissheit hätten, dass jeweils ein Teil der Notdurft im Erdreich versickert. Denn als das WC in den 70er-Jahren errichtet wurde, wurde auf den Anschluss an eine Kanalisation verzichtet.

Ein weiteres Problem sind die engen Platzverhältnisse: «Früher waren hier etwas 30 Pünteler und somit genügte ein WC», sagt Waldburga Meier. Sie ist Vizepräsidentin des Püntenvereins Winikerwiesen und Ansprechperson, wenn es um das leidige Toiletten- und Kanalisations-Thema geht. 

Toi-Tois als Notlösung

Meier beschreibt, wie sich die Situation auf dem Areal im Laufe der Jahre geändert hat: «Heute zählt die Püntenanlage 130 Parzellen. Vor allem an schönen Sommerwochenenden herrscht hier reger Betrieb. Rund 250 Mitglieder und Besucher tummeln sich dann auf einmal hier», sagt sie. Und allen stehe lediglich eine richtige Toilette zur Verfügung. «Dies genügt nicht, die Wartezeiten sind jeweils sehr lange», sagt Meier. Sie betont jedoch mit Nachdruck, dass die hygienischen Verhältnisse zu keinem Zeitpunkt zu wünschen übrig liessen.

In der letzten Saison hat die Stadt Uster – ihr gehört das Grundstück, auf welchem sich die Pünten befinden – reagiert und Toi-Toi-Anlagen auf dem Areal errichtet. Damit wurde das Problem entschärft, nicht aber gelöst. 

Viele Versuche, keine Lösung

Bezüglich Kanalisationsanschluss gelobten die städtischen Verantwortlichen allerdings eine nachhaltige Verbesserung der Situation: Im Herbst 2016 sollte dieser endlich erfolgen. Doch es passierte nichts. Im Januar wurde Waldburga Meier vom zuständigen städtischen Beamten eine Lösung des Problems erneut in Aussicht gestellt. Nur ein Tag nach diesem Treffen folgte aber schon wieder Ernüchterung: Die Ausgaben für den Kanalisationsanschluss der Püntenanlage Winikerwiesen wurden in der Investitionsplanung auf 2018 verschoben.

Zwei Ustermer Gemeinderäten platzte in der Folge der Kragen: Anfang Februar lancierten Walter Meier (EVP) und Ali Özcan (SP) eine Motion. Mit dieser soll der Stadtrat beauftragt werden, den 250 000 Franken teuren Kanalisationsanschluss in diesem Jahr auszuführen – und nicht erst 2018. 

Enttäuschte Püntner

Die beiden Motionäre haben selbst einen Bezug zum Püntenverein Winikerwiesen: Ein Schwager von Ali Özcan besitzt auf dem Areal eine Parzelle, Walter Meier ist jeweils als Vertreter der Cevi an den Versammlungen des Püntenvereins zugegen. Der Cevi gehört ein Grundstück gleich neben der Anlage, sie selbst ist deshalb als Körperschaft im Püntenverein vertreten.

Meier und Özcan können nicht nachvollziehen, weshalb der Anschluss an die Kanalisation nicht erfolgte, als vor Jahren das neue Pfadiheim errichtet und angeschlossen wurde. Allgemein sei der Verein über das Vorgehen der Stadt Uster «sehr enttäuscht» und er rechne damit, dass der «Posten» für die Kanalisation noch weiter nach hinten verschoben werden könnte. «Es würde der Stadt gut anstehen, Wort zu halten und die Kanalisation noch in diesem Jahr zu bauen», schreiben die Motionäre in der Begründung ihres Anliegens. 

«Ein Alleingang»

Doch die Sache hat einen Haken: Denn anders als es der Wortlaut der Motions-Begründung vermuten lässt, handeln die beiden Gemeinderäte nicht als offizielle Vertreter des Püntenvereins. «Die Motion war ein Alleingang über den niemand Bescheid wusste. Der gesamte Vorstand ist über dieses Vorgehen sehr erstaunt», sagt Waldburga Meier, die mit dem Gemeinderat Meier weder verwandt noch verschwägert ist. Sie ist über das Vorgehen der Parlamentarier nicht nur wegen der ausgebliebenen Absprache alles andere als erfreut: «Für den Anschluss an eine Kanalisation müssen diverse Vorkehrungen getroffen werden. Zum Beispiel muss die Stadt erst noch entsprechende Offerten für die Ausführung der Bauarbeiten einholen.»

Dass dies alles – Behandlung der Motion, Einholen von Offerten und notwendige technische Abklärungen – noch vor Beginn der Garten-Saison erfolgt, kann sich Waldburga Meier nicht vorstellen. «Und während der Saison ist es nicht angenehm, wenn auf dem Areal gebaut wird», sagt sie. Ihr wäre mittlerweile lieber, wenn das Ganze auf «normalem Weg» geregelt würde und der Kanalisationsanschluss doch erst 2018 erfolgt.

Walter Meier räumt ein, die von ihm mitverfasste Motion nicht mit dem Vorstand des Püntenvereins abgesprochen zu haben. Er begründet den Alleingang mit der «grossen Enttäuschung» die er von den Vereinsmitgliedern an der letzten GV Ende Januar gespürt habe, als bekannt wurde, dass der Kanalisationsbau erneut vertagt wurde. «Wir wollten mit dem Vorstoss auf das Anliegen Kanalisation aufmerksam machen, ist dieses für den Verein doch schon lange ein Thema. Eine Rücksprache mit dem Vorstand schien mir vor diesem Hintergrund schlicht nicht nötig», sagt der Gemeinderat.


Benjamin Rothschild